Schwester M. Eva Schütz OSB
Schwester M. Eva* 10. April 1899 Bernried am Starnberger See; † 10. August 1950 Gefängnis Oksadok
Familiärer Hintergrund
Sr. Eva Schütz wurde am 10. April 1899 als erstes Kind der Eheleute Josef und Eva Schütz, geb. Göpfert in Bernried am Starnberger See geboren und auf den Namen Eugenia Franziska getauft.
Der Vater, ein Braugehilfe aus Sinzendorf (Bezirksamt Waldmünchen), arbeitete in der Bernrieder Schlossbrauerei. Die Mutter, in Stammheim geboren, war als Köchin in Bernried beschäftigt.
(Die Eltern von Sr. Eva)
Soweit aus Unterlagen des Bernrieder Standesamts ersichtlich, hatten sie am 11. Juli 1898 in Bernried die Ehe geschlossen, aus der drei Kinder hervorgingen: 1899 Eugenia Franziska (Schwester Eva OSB), 1901 Franziska (über sie sind keine Informationen vorhanden) und 1908 Josefine bzw. Josefa (gest. 1908)
Eugenia Schütz verbrachte ihre Kindheit und Schulzeit bis zu ihrem 10. Lebensjahr in Bernried. Als die Brauerei in Bernried 1909 schloss, musste sich der Vater nach einer anderen Arbeitsstelle umsehen. Am 1. Mai 1909 ist die Familie von Bernried nach Tutzing übergesiedelt. Vermutlich fand der Vater in der Schlossbrauerei Tutzing, an die die Bernrieder Braurechte übergegangen waren, eine Beschäftigung als Oberbrauer. Die Familie nahm Wohnung in der Bahnhofstraße im Staltacher Hof, dann im Haus Nr. 208 in der Weilheimer Straße. Hier beendete Eugenia Schütz ihre Schulzeit.
Die Mutter starb 1910 als junge Frau und ließ zwei kleine Kinder zurück: Eugenia und Franziska; die zwei Mädchen wurden von der Schwester ihrer Mutter, Anna Göpfert, großgezogen wurden. Der Witwer heiratete am 7. Dezember 1910 Anna Göpfert. Aus dieser zweiten Ehe gingen zwei Kinder hervor: Anna, geboren 1911 und verstorben 1944 in Nürnberg, und Josef, geboren 1916 und ledig und kinderlos 1988 in München verstorben. Der Vater Josef Schütz verstarb 1939 in Tutzing.
(rechts Sr. Eva mit ihrer leiblichen Schwester)
Ordensleben
Erste Profess: 30. August 1926 im Mutterhaus Tutzing.
(Schester Eva Maria Schütz OSB, diese Foto dürfte vor ihrer Aussendung nach Korea in Tutzing entstanden sein.)
Aussendung in die Mission: 4. September 1926 nach Wonsan, Nordkorea.
(Eine große Gruppe von Missionaren und Missionarinnen bei der Überfahrt auf dem Schiff: Die dritte Person von rechts ist Sr. Eva)
Sr. Eva liebte jeden und alles in Korea. Da Sr. Eva von Natur aus freundlich und liebenswürdig war, hatten sie auch alle koreanischen Schwestern lieb. Sie war dreimal hintereinander Subpriorin und zweite Novizenmeisterin im Prioratshaus von Wonsan. Dann wurde sie auf die Station SinGoSan als erste Oberin gesandt. Sr. Eva war eine geborene Missionarin, aber in SinGoSan litt sie wegen ihres kranken Herzens. Trotzdem tat sie ihr Bestes, die Menschen zu ihrem lieben Gott zu führen, wann immer sie Zeit hatte und wen immer sie traf.
Die erste Hälfte des Jahres 1940 war eine schwere Zeit, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging und die militärische Macht der Japaner nachließ. In dieser Zeit war Sr. Eva Oberin in der Station HamHeung. Danach wurde sie ins Mutterhaus nach Wonsan versetzt, wo sie vorstehende Schwester im Nähzimmer und Vestiarin war. Nach dem Zweiten Weltkrieg und um 1945, als die russische Armee Nordkorea besetzte, kamen die Frauen der russischen Offiziere ins Kloster, um dort ihre Kleider nähen zu lassen, und sie bewunderten Sr. Evas Nähkünste. So kamen viele Nähaufträge von den Russen, und dies war eine Hilfe für die finanzielle Situation des Wonsan Klosters, die damals nicht gerade gut war. Sr. Eva handhabte alles genau und klug und gewann so die Wertschätzung und Bewunderung der Leute. In ihrem großen Missionseifer tat sie ihr Bestes, jede einzelne Seele Gott näher zu bringen.
(Quelle: http://www.osbtutzing.pcn.net/de/html/unsere_martyrer.html)
Wir hatten zwei ausgezeichnete Meisterinnen im Schneiderhandwerk unter uns: Schwester Eva Schütz und Schwester Sigeberta Ramsei. Letztere hatte vor ihrem Klostereintritt sogar für die bayerischen Prinzessinnen gearbeitet. Auf Anfrage von russischer Seite, ob wir Näharbeiten übernehmen könnten, gingen wir natürlich sofort ein. Von dem Tag an verwandelte sich unser Sprechzimmer zu Treffpunkten russischer Damen. Sie waren mit nichts ins Land gekommen, aber ihre Männer versorgten sie bestens mit allen Stoffarten, die sie wünschten. Ob diese »gekauft« waren oder von den verängstigten Ladenbesitzern »freiwillig« gegeben wurden, danach fragten wir nicht. ...
Es gab nochmals einen Aufenthalt, der mit erneuten Schimpfereien begleitet wurde: Sr. Columba Pak, die Subpriorin, erlitt einen schweren Herzanfall und mußte ins Krankenzimmer gebracht werden. Einige der Schwestern blieben bei ihr, und eine koreanische Soldatin hatte soviel Taktgefühl, daß sie die Zelle vor männlichen Eindringlingen bewachte. Sr. Eva, die die Hauptverantwortliche war für die Näharbeiten, die wir für russische Damen machten - wir zogen nämlich einen großen Teil unseren Lebensunterhalt aus diesen Arbeiten - hatte plötzlich auch noch schwere Gewissensbedenken, ob die russischen Damen ihre halbfertigen Kleider, ihre Stoffe und Stoffreste auch alle zurückbekämen..., und sie vertraute diese Not einem der koreanischen Polizisten an. - Nun, mit den Russen wollten sie es auch nicht verderben - so gingen sie auf diese Sorge ein und ich durfte mit Sr. Eva noch hinaufgehen in ihr Atelier, wo sie - natürlich unter strengster Bewachung - alles zusammensuchen und mit Namen versehen durfte. Dabei fiel manches anerkennende Wort, sowohl über die Tüchtigkeit der Nähschwestern, wie auch speziell über Sr. Evas Ehrlichkeit, der das fremde Gut selbst in solch gefährdetem Augenblicke wichtiger war, als .das eigene. Die Polizei versprach, alles an die rechte Adresse zu bringen - aber dann war der letzte Geduldstropfen erschöpft. - Kaum daß ich einige der koreanischen Schwestern noch einmal umarmen konnte, kaum daß ich der wie sterbend daliegenden Sr. Columba meinen letzten Segen geben konnte... das Haus wimmelte von hetzenden, stöbernden und die Räume plombierenden Polizisten..., dann wurden wir hinausgejagt ins Dunkel. (Quelle: Mein Weg mit Gott / Gertrud Link)...
Wir kamen an einen Fluß. Dort lag eine Fähre ohne Fährmann. Die Polizisten setzten über und trieben einige neugierige Leute in ihre Häuser zurück und standen dort Wache. Dann holte man uns über den Fluß. Nun begann eine Wanderung, wie ich dachte »über die sieben Berge« auf und ab. Wir waren beladen mit den restlichen Kartoffeln, den Tomaten und kleinen Säcken mit Getreide sowie unserem eigenen spärlichen Gepäck. Unbarmherzig brannte die Sonne an diesem 6. August und der Zug ausgemergelter Gefangener schleppte sich mühsam, ohne Schutz, ohne Kopfbedeckung, Schritt für Schritt weiter. Irgendwo am Bergweg sank Schwester Eva mit einem Herzanfall zu Boden. Kurz danach ging es Pater Canut d'Avernas ebenso. Wir rasteten an einem geeigneten Platz, an dem kärgliche Föhren etwas Schatten spendeten und ein kleines, klares Bächlein den Weg kreuzte. Wir stärkten uns mit Kartoffeln und Tomaten. Zwei Polizisten trieben aus irgendeinem der Gehöfte am Berghang zwei Kühe herauf. Auf ihnen, zwar ohne Sattel sitzend, aber von kräftigen Armen der Polizisten gehalten, konnten die beiden Kranken ihren Weg fortsetzen. Doch vorher, als wir noch am Wegrand saßen, erschienen zwei Gestalten in bunten Gewändern. Lachend und grüßend stürzten sie auf uns zu. Es waren Schwester Diomedes und Schwester Friedhelma. Welch ein Wiedersehen! Eigentlich glaubte ich dem Gefängnisdirektor erst in diesem Augenblick, daß die Geschichten, die er erzählt hatte, der Wahrheit entsprachen. Wir erfuhren, daß zwei Brüder bereits gestorben waren, bevor die Schwestern ankamen und ein dritter lag todkrank danieder.
Schwester Evas Tod
Schwester Eva Schütz, die mich vor Jahren so liebevoll mit Heilerde behandelte und kaum glauben mochte, daß trotz ihrer Hoffnungen alle Mühe bei mir umsonst war, ging in Oksadok als erste von uns Schwestern heim. Niemand mißgönnte ihr diesen Vorsprung. Im Gegenteil, mancher hätte gerne mit ihr getauscht.
Schwester Eva erlitt ja bereits bei dem Aufstieg nach Oksa-dok einen Zusammenbruch und seit Frühjahr 1950 kränkelte sie und mußte ein schweres, qualvolles Dahinsiechen auf sich nehmen. Das Fieber und die Durchfälle wurden immer schlimmer.
Die Nacht vom 9. auf den 10. August bleibt mir immer unvergeßlich. Sr. Eva litt so sehr, daß sie ständig wie ein Kind meine Hand halten wollte. Ließ ich sie los, um Sr. Diomedes zu helfen, rief sie so lange nach mir, bis ich wieder dicht neben ihr saß, ihre Hände in den meinen. Als in der Früh das Zeichen zum Appell für die Arbeitsverteilung erklang, mußte ich sie verlassen, um auf den Lagerplatz zu gehen. Als Verantwortliche einer Arbeitsgruppe konnte ich nicht einfach wegbleiben. Sr. Diomedes durfte auch nicht fehlen, denn bei dieser Gelegenheit focht sie die härtesten Kämpfe aus um ihre Kranken und Schwachen, die unbarmherzig auf die Felder getrieben werden sollten. Um jeden und jede kämpfte sie, oft mit starkem Stimmaufwand. Manchmal schüchterte dieser die Aufseher so weit ein, daß sie nachgaben und Sr. Diomedes ihren Schützlingen für diesen Tag Ruhe verschaffen konnte. Doch siegte sie nicht immer. An jenem Morgen hörte ich innerlich Sr. Evas flehentliche Stimme: »Bitte bleiben Sie doch bei mir!«
Es zerriß mir das Herz. Ich bat Hannes, den begleitenden Polizisten meiner Gruppe, mich nur heute von der Arbeit zu dispensieren, denn Sr. Eva liege im Sterben. Sein kaltes »Nein!« machte mich wütend. Ich ließ ihn stehen und ging zur Burg hinauf zum Schleich. Auch er fuhr mich an: Die Arbeit sei eingeteilt, und ich habe zu gehen. Sr. Diomedes sei ja daheim.
Doch diese konnte es allein nicht schaffen, mit noch anderen Patienten im Lager. Noch einmal bat ich: »Die Schwester liegt im Sterben und ruft meinen Namen, wie wenn ein Kind nach der Mutter ruft!«
»Die kann doch allein sterben! Geh' zur Arbeit!« Seine Rohheit empörte mich derart, daß ich mich kaum noch beherrschen konnte, doch mit erzwungener Ruhe und wahrscheinlich bebender Stimme fragte ich bloß: »Haben Sie eigentlich keine Mutter gehabt?« Darauf gab er keine Antwort. Eine Weile stand er stumm vor mir, mit den Kiefern mahlend. Ich sah zu Boden, bis er - halb gegen seinen Willen - hervorstieß: »Gut, bleib den Vormittag, dann aber mußt du zur Arbeit!« Dankend nickte ich und lief davon. Hannes nahm die Entscheidung steif an und ließ mich weiterrennen, hinauf zu Sr. Eva, die halb bewußtlos noch immer nach mir rief. Dankbar schlug sie die Augen auf, als ich ihre Hand zwischen meine Hände nahm.
Sr. Diomedes und ich hatten reichlich zu tun an diesem Morgen, denn das Wasser lief wie ein Brünnlein aus der entzündeten Wunde. Wir mußten es ständig mit ein paar Stoffetzen auffangen, damit es nicht den Lehmboden aufweichte. Lappen wechseln, auswaschen, in der glühenden Augustsonne trocknen, um sie wieder neu unterzulegen, war unsere Hauptbeschäftigung. Wir beteten leise miteinander, bis Gott die Schwester zu sich nahm. Am 10. August, wie St. Laurentius auf dem Rost liegend, gab sie in williger Bereitschaft ihr Leben Gott zum Opfer dar.
Aus zwei Stangen und einem Strohsack fertigten wir eine Bahre, hoben den vom Wasser noch hochgeschwollen Körper mühsam darauf und trugen ihn etwas abseits vom Lager. Dort stand ein hinfälliges Reisighüttchen. Hier war die Leiche wenigstens vor den grausamen Sonnenstrahlen geschützt. Noch vor Einbruch der Dunkelheit trugen die Brüder sie zu Grabe. Für Schwester Eva war alles Leid zu Ende und oft in der folgenden schrecklichen Zeit des Todesmarsches gedachten wir ihrer, Gott dankend, daß er ihr dies erspart hatte (Gertrud Link, Mein Weg mit Gott).
Plan des Lagers Oksadoks
(Plan vergrößern)
1954 kehrten die überlebenden in die Heimat zurück und fertigten diese Skizze der Gräber an. (Skizze vergrößern)
Geographic features & Photographs around Oksdaok, in Chang-do, North Korea
Oksadok bei Chonchon
Bericht unserer Lagerärztin Dr. Diomedes Meffert O.S.B.:
Sr. EVA SCHüTZ war sowohl im Schwesternhaus Wonsan als auch in anderen Missionsstationen tätig und hatte eine besondere Neigung und Eignung für den Umgang mit koreanischen Frauen, die sich zur Taufe vorbereiteten. Sie war schon vor der Gefangennahme etwas kränklich und herzschwach. Die drei Monate Gefängnis hatten ihr sehr zugesetzt, und der mühsame Aufstieg zum Lager in der brennenden Augusthitze tat das übrige. Sie erlitt auf dem Wege einen Schwächeanfall, und ich wurde vom Lager heruntergerufen, um zu sorgen, daß sie lebend heraufkomme. Eine Campher-Spritze schaffte es, daß sie auf dem Rücken eines Ochsen wohlbehalten hinaufkam. Sie erholte sich langsam und setzte sich ganz ein für die armselige Näherei. Trotz der dauernden Schwellungen und Magen- und Darmstörungen hat sie sich bis Weihnachten 1949 auf den Beinen gehalten, dann begann ein langes, quälendes Krankenlager. (Krankenlager...? Kein Bett, keine Matratze, kein Kissen, keine Wäsche - wer kann sich das vorstellen! Das war ja bei all unsern Kranken das gleiche Elend.) Bald setzte sie ihre Hoffnung auf Kneipp-Güsse im Bach, bald, auf dieses, bald auf jenes Kräutlein, aber das alles konnte ja nicht helfen und das Unheil aufhalten. Plötzliche Entwässerungen wechselten mit starken Anschwellungen. In der letzten Woche ritzte sie sich mit einem Strohhalm eines der stark geschwollenen Beine an. Das Wasser sickerte unaufhörlich Tag und Nacht ab, es kam zu einer Infektion, wie gar nicht anders zu erwarten war. Das Fieber war durch keines der vorhandenen Mittel zu bannen und am 10. August, wie St. Laurentius auf dem Rost liegend, gab sie in williger Bereitschaft ihr Leben Gott zum Opfer. Sie trug Schleier und Brautkranz und war zwischen einer Fülle von weißen Spireen aufgebahrt.
Steckbrief
Ordensname: Schwester M. Eva
Nachname: Schütz
Geboren: am 10. April 1899
Geburtsort: Bernried (Oberbayern)
Professort: St. Ottilien
Profess: 30. August 1926
Ewige Profess: 5.4.1923
Aussendung: 4. September 1926
Gestorben: am 10. August 1950
Todesort: Gefängnis Oksadok
Todesart: Unterernährung
"Zwei Benediktiner starben als Märtyrer", in: Starnberger Merkus vom 30./31. Januar 2010: hier
"Seligsprechung für eine gebürtige Bernriederin?. Schwester Maria Eva Schütz starb 1950 in koreanischem Arbeitslager", in: Weilheimer Tagblatt vom 19. Februar 2010: hier
